Daniel Fetzner, Adrian Schwartz, Ephraim Wegner – Terrestrial Field Studies III
2004 – 2024
Für das Jahr 2024 sind mehrere Veröffentlichungen geplant. Unter der Prämisse, den nostalgischen Blick nach hinten zu wagen, wird der heutige Standpunkt zu dem jeweiligen Werk – in Form des Erinnerns – persönlich durch die Urheber und Interpreten reflektiert.
Die Idee entstand beim Durchstöbern alter Festplatten: Auffällig war, wie viele musikalische Arbeiten der vergangenen Jahre liegen geblieben sind. Die Gründe hierfür sind sicher mannigfaltig. So war man beispielsweise nicht zufrieden mit der Arbeit, die gewünschten Labels hatten ihren Katalog bereits geplant oder das Projekt zerrüttete sich, aufgrund der sich immer wieder verändernden Lebensrealitäten beteiligter Akteure.
Es geht darum, in den Zwischenräumen zu suchen und dem ein oder anderen Werk den Weg aus dem Archiv in die Öffentlichkeit zu ebnen. Und darüber hinaus die nach Vorne orientierten und auf Effizienz getakteten Produktionsbedingungen in Frage zu stellen.
2015 Way Back Machine: http://www.anti-matter-plant.org/
Release 10
Als letzten Beitrag meinerseits möchte ich (Ephraim Wegner), in der Veröffentlichungsreihe 2004 – 2024, den Blick in Medienexploratorische Forschungsreisen richten, aus denen die Kurzfilme Terresitial Field Studies I – III entstanden sind.
Das hier zu hörende Stück ist der vorerst letzte – in Bild und Ton gesetzte – Ausschnitt unserer gemeinsamen Explorationen. Zum konstanten Team gehören Daniel Fetzner, Martin Dornberg, Ephraim Wegner und unser ehemaliger Student und jetziger Mitarbeiter Adrian Schwartz.
Die erste Reise führte nach Indien, an das Institute of Science, wo wir auf der Suche nach wissenschaftlichen Herangehensweisen interdisplinärer Zusammenarbeit und deren Ergebnissen waren. In Streifzügen wurden auf dem 10 km großen Gelände unterschiedliche Personen und Orte im Erleben und in Gesprächen erfasst und in einem finalen Zusammentreffen in gemeinsamen Austausch gebracht. Das übergreifende Thema, Bruno Latours These zur “Critical Zone”, eine dünne Schicht des Planeten, in der das Leben verankert ist.
Auf dieser Reise entstand die Filmreihe, oder genauer, die Idee Bewegtbild und Ton durch Klassifizierung abstrakt in Beziehung zu setzen. Gemeinsame Begrifflichkeiten, Kategorien dienten dem Einordnen von Film- und Tonmaterial und der Anordnung auf zeitlicher und somit kompositorischer Ebene. (Terrestrial Field Studies I)
In der darauf folgenden Reise nach Ägypten wurde die Perspektive gedreht, statt wissenschaftlicher Lösungen, basierend auf geistes- und naturwissenschaftlichen Ansätzen, besuchten wir Menschen, die unmittelbar von der Wirksamkeit der modernen bzw. akuellen Gesellschaft betroffen, in dem zu Verfügung stehenden Wirkraum das Überleben meistern. Hierzu gehört eine Ziegelbrennerei (Terrestrial Field Studies II) oder die in Mokkatam lebenden Kopten bei der Aufbereitung von Müll. Die aufbereiteten Wertstoffe fließen in internationale Märkte ein – werden konsumierbar.
Folgend und inspiriert von LSD Hippie Reise-Erzählungen, wirft Wolfgang Klüppel – der uns bereits in Ägypten mit theatralischen Performances begleitete – scheinbar per Zufall das Reiseziel auf der Weltkarte. Den Kongo, das schwarze Herz Afrikas, mit romantisierender und angelesener Vorstellung, konzeptionell eigebettet in das Fremde, Kontrollverlust und dem waagemütigen Unterfangen, die Reise unter diesen Vorzeichen einzugehen. Die gesamte Gruppe, ausgehungert von Covid 19, willigte ein und begab sich nach knapper Vorbereitung in die Kunsthochschule nach Kinshasa, anschließend in ein Kloster nach Dungu. Die durchaus verstörende Reise, geprägt von Gefahr, Schmiergeld und westlich orientierten Wegbereitern, brachte vor allem den Beteiligten ein zu in Frage stellendes Weltbild.
Jedenfalls stammt die hier zu hörende Filmmusikkomposition aus dem Kloster in Dungu. In einer nächtlichen Aufnahmesession näherten sich Adrian Schwartz und Ephram Wegner den visuellen und klanglichen Eigenschaften des Ortes. (Terrestrial Field Studies III) Die Aufnahme wurde akkustisch durch digitale Verfahren de/kontextualisiert – entsprechend der eigenen Wahrnehmung gedehnt – anhand von Spektralen Eigenschaften der Tonaufnahme in rythmiache Pattern übersetzt oder durch künstliche Resonanzen ergänzt. Darüber hinaus gibt es Fragmente aus einem postkolonialistischem katholischen Gottesdienst, Deep Dream Klangerzeugung oder dem Regen, der geisterhaft in der Krone einer Palme über das darumliegende Land herunterprasselt – Land, Menschen und kulturelle Erzählungen einbettet sowie verschlingt.